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Der Mieter – und der Denkmalschutz

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Mieter einer Wohnung oder kraft Mitgliedschaft in einer Genossenschaft zur Nutzung einer Wohnung Berechtigte sind keine “Verfügungsberechtigten” über ein Denkmal i.S.d. Hamburgischen Denkmalschutzgesetzes. Sie verfügen nicht über ein subjektives Recht, um die Eintragung des von ihnen bewohnten Gebäudes in die Denkmalliste und ein Einschreiten der Denkmalschutzbehörde gerichtlich durchzusetzen.

Als Wohnungsmieter bzw. Nutzungsberechtigte aufgrund ihres Mitgliedsrechts in der Beigeladenen sind die Mieter keine “Verfügungsberechtigten” über die Wohnhausanlage, die als Denkmalensemble nach § 4 Abs. 3 DSchG ganz oder teilweise in die Denkmalliste eingetragen werden soll. “Verfügungsberechtigte” nach dem hamburgischen Denkmalschutzgesetz können nur dinglich (sachenrechtlich) Berechtigte sein. Hieran fehlt es aber, wenn, wie bei einem Mieter oder vergleichbar Nutzungsberechtigten, lediglich eine obligatorische, sich aus vertraglichen bzw. mitgliedschaftlichen Beziehungen ergebende Berechtigung an einem mutmaßlichen Denkmal besteht. Zwar enthält das hamburgische Denkmalschutzgesetz keine Legaldefinition der/des Verfügungsberechtigten. Jedoch lässt sich jedenfalls einzelnen Regelungen und dem gesamten Regelungsgefüge dieses Gesetzes entnehmen, dass der Begriff des/der Verfügungsberechtigten ausschließlich dingliche Verfügungsberechtigungen erfassen soll.

Diese Differenzierung des Gesetzgebers lässt bereits § 1 Abs. 2 DSchG erkennen. In der Vorschrift verpflichtet der Gesetzgeber die Behörde, alle in ihrem Besitz stehenden Denkmäler vorbildlich zu unterhalten, und erstreckt diese Verpflichtung umfassend auf die Stellung “als Eigentümerin oder sonst Verfügungsberechtigte und als obligatorisch Berechtigte”. Schon die begriffliche Verbindung der Verfügungsberechtigung mit dem Eigentum, erst recht aber die gesonderte und dazu in Gegensatz gesetzte “obligatorisch Berechtigte” zeigt, dass der Gesetzgeber obligatorische Berechtigungen nicht als Untergruppe der Verfügungsberechtigung versteht. Diese Unterscheidung setzt sich im Gesetz, wie vom Verwaltungsgericht ausgeführt, in §§ 7 Abs. 6 und 13 Abs. 1 Satz 4 DSchG fort, wo neben der/dem Verfügungsberechtigten gesondert Mieter/Mieterinnen, Pächter/Pächterinnen und sonstige Nutzungsberechtigte genannt werden, die obligatorisch Berechtigten also ebenfalls nicht zu den Verfügungsberechtigten gezählt werden. Dieser Umstand ist auch nicht etwa, wie die Mieter zu meinen scheinen, dem speziellen Regelungsgehalt der beiden Vorschriften geschuldet. Vielmehr handelt es sich bei der gesonderten detaillierten Nennung der typischerweise bestehenden obligatorischen Nutzungsverhältnisse um eine “bürgerfreundliche” Formulierung der diese Personengruppen treffenden Duldungspflichten gegenüber behördlichen Erhaltungs- oder Wiederherstellungsmaßnahmen an einem Denkmal. Letzteres zeigt sich insbesondere unter Berücksichtigung der Formulierung des § 14 Abs. 3 des zuvor geltenden Denkmalschutzgesetzes vom 03.12 1973. Diese Vorschrift enthielt zur Regelung der in §§ 7 Abs. 6 und 13 Abs. 1 Satz 4 DSchG erfassten Sachverhalte in ihrem Satz 1 neben Handlungspflichten auch die Duldungspflicht der “Verfügungsberechtigten” gegenüber behördlichen Maßnahmen, während in Satz 2 undifferenziert den “obligatorischen Berechtigten” (nur) die Duldung behördlicher Maßnahmen am Denkmal auferlegt wurde. Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung insoweit keine inhaltliche Änderung der Pflichten verbunden, sondern wollte die Vorschriften nur deutlicher gestalten. Mit dem Begriff “Verfügungsberechtigte” wird vom Gesetzgeber, wie sich aus Erwägungen in der Begründung des gegenwärtig geltenden Denkmalschutzgesetzes, aber auch schon zu den insoweit vergleichbaren Vorgängerregelungen ergibt, dabei vornehmlich der Denkmaleigentümer verbunden, dem eigentumsähnliche Berechtigungen gleichgestellt werden.

Soweit diesem Begriffsverständnis entgegengehalten wird, dass Kommentatoren von Denkmalschutzgesetzen anderer Länder dem dort ebenfalls verwendeten Begriff des Verfügungsberechtigten einen deutlich weiteren Begriffsinhalt beimessen, der auch Mieter oder Besitzer erfasse, gibt dies – ungeachtet der Frage, ob die Auffassung tatsächlich mit dem jeweiligen Landesdenkmalschutzgesetz in Übereinstimmung zu bringen ist – keinen Anlass für eine gleichartige Auslegung der hamburgischen Vorschriften. Denn hieraus kann für die Auslegung der konkreten; vom hamburgischen Landesgesetzgeber autonom getroffenen Regelungen nichts hergeleitet werden. Vielmehr wird gerade hinsichtlich der Reichweite der Normierungen der Erhaltungs, Instandsetzungs- und Wiederherstellungsregelungen der Landesdenkmalschutzgesetze in der übergreifenden Literatur – teilweise bedauernd – ausgeführt, dass die Gesetze insoweit eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen und Begriffe enthalten, die einer einheitlichen Beurteilung nicht zugänglich sind.

Eine andere Auslegung des Begriffs “Verfügungsberechtigte” im hamburgischen Denkmalschutzgesetz kommt auch nicht etwa deshalb in Betracht, weil diese Auslegung der Zielsetzung des Denkmalschutzgesetzes nicht entspreche: Auch Mieter und Pächter seien als Nutzer und Besitzer häufig zivilrechtlich zu (Schönheits-)Reparaturen verpflichtet und müssten deshalb den nach § 7 DSchG den Verfügungsberechtigten obliegenden Erhaltungspflichten unterliegen. Ungeachtet der Frage, ob die Mietern zivilrechtlich vielfach übertragene Pflicht zu Schönheitsreparaturen überhaupt den denkmalrechtlichen Begriffen der Erhaltung oder Instandsetzung unterfällt, da diese nicht die übliche Abnutzung des Denkmals durch eine normale, objektangemessene Nutzung erfassen sollen, muss die zivilrechtliche Weitergabe von Eigentümerpflichten an die Nutzer eines Denkmals keineswegs auf die sich aus dem öffentlich-rechtlichen Denkmalrecht ergebende Pflichtenstellung durchgreifen. Denn die im Denkmalrecht geregelten Pflichten und Rechte, die in Hamburg (nur) den Verfügungsberechtigten betreffen, soweit kein Eingriff (§ 7 Abs. 5 DSchG) in ein Denkmal vorliegt, erfordern aus der Natur der Sache keine Erstreckung der Erhaltungs- oder gar einer Instandsetzungsverpflichtung auf einen nur obligatorischen Berechtigten. Dieses spiegelt sich schon in den sehr unterschiedlichen Regelungen in den Denkmalschutzgesetzen der Länder wieder. Eine Ausdehnung des Begriffs der/des Verfügungsberechtigten auf Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte hätte nach der Verwendung des Begriffs im hamburgischen Denkmalschutzgesetz im Übrigen unter anderem zur Konsequenz, dass nach § 12 DSchG jeder Mieterwechsel in einem denkmalgeschützten Gebäude anzeigepflichtig wäre und diese Pflicht auch von den Mietern selbst (oder im Todesfall gar von deren Erben) zu erfüllen wäre, sie nach § 25 Abs. 2 DSchG über das Denkmal auskunftspflichtig wären oder die Behörde im Falle der Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste nach § 6 Abs. 3 DSchG auch die obligatorisch Berechtigten zu ermitteln und über die Eintragung zu unterrichten hätte. Derartige Konsequenzen sind in der Sache zur Sicherung des Denkmalschutzes nicht erforderlich; und vom Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt.

Für die weitergehende Annahme, der Gesetzgeber des hamburgischen Denkmalschutzgesetzes messe dem Begriff “Verfügungsberechtigte” in den einzelnen Vorschriften des Gesetzes jeweils unterschiedliche Begriffsinhalte bei, fehlt ebenfalls jeder Anhalt. Die Regelungen und ihre Begründung im Gesetzgebungsverfahren lassen solches nicht erkennen.

Ferner ergibt sich für obligatorisch Berechtigte an einem Denkmal auch im Übrigen aus § 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG kein subjektives Recht, das ihnen einen Anspruch auf dessen Aufnahme in die Denkmalliste vermitteln könnte. Das Gesetz selbst lässt ein solches Recht nicht erkennen, da es bereits den Verfügungsberechtigten, zu denen die Mieter nach den Erwägungen zu 1. nicht zählen, nach seinem Wortlaut lediglich eine “Anregung” auf Eintragung gegenüber der Behörde zubilligt.

Auch wenn die Wortwahl des Gesetzgebers möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass die Eintragung nicht konstitutiv ist, weil sich die Denkmaleigenschaft unmittelbar kraft Gesetzes ergibt, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind, und der Behörde insoweit gar keine eigene Entscheidungsbefugnis über einen “Antrag” zusteht, lässt sich aus hieraus kein subjektives Recht von Mietern auf Eintragung eines Denkmals herleiten. Denn die “Anregung” wird sich auch in den Fällen des ipsa-lege-Schutzes allenfalls dann zu einem “Anspruch” auf Eintragung verdichten können, wenn dies verfassungsrechtlich geboten ist. Ohne einen solchen Anspruch gilt weiterhin, dass das Denkmalschutzrecht zunächst ausschließlich öffentlichen Interessen dient. Lediglich dem Denkmaleigentümer und ihm eigentumsrechtlich Gleichstehenden, wie etwa Erbbauberechtigten (vgl. § 22 Abs. 3 DSchG), kann ggfs. verfahrensrechtlich wie materiell-rechtlich ein subjektives Recht auf denkmalschutzrechtliche Handlungen zustehen. Es ist jeweils die Konsequenz aus den dem Denkmaleigentümer auferlegten Verpflichtungen als Ausfluss der Sozialbindung seines Eigentumsrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Eine vergleichbare verfassungsrechtliche Position besitzen obligatorisch Berechtigte nicht. Dies gilt auch dann, wenn sie etwa, wie vorliegend, bei der Beigeladenen Genossenschaftsmitglied sind. Insoweit besitzen sie lediglich Mitgliedschaftsrechte und Anteile am Genossenschaftsvermögen, aber kein Miteigentum an Bestandteilen des Genossenschaftsvermögens.

Da es den Mietern bereits an einem Recht zur Durchsetzung einer etwaigen Eintragungspflicht in die Denkmalliste fehlt, scheidet auch ein Anspruch auf Erlass der zusätzlich begehrten Untersagungsverfügung aus, mit der der Abriss der Wohnhausanlage unterbunden werden soll.

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 30. Oktober 2014 – 2 Bs 217/14


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